Erster Test: das neue Trek E-Caliber 9.9 XTR 2021 – Ultraleichtes E-MTB für den XC-Einsatz?

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Ein vollgefedertes E-MTB mit einem Gesamtgewicht von 16,3 kg – geht das? Mit dem neuen E-Caliber 9.9 XTR 2021 mit FAZUA-Motor sagt Trek: JA! Aber macht das auch Sinn? Wir haben das neue, 12.000 € teure Trek E-Caliber 9.9 XTR 2021 exklusiv in Italien getestet und sagen euch, was das ultraleichte Race-Bike kann und ob XC-E-Bikes per se Sinn machen!

XC ist im Mountainbike-Bereich eine feste Größe. Die Disziplin hat schon Mitte der 90er Jahre den Ritterschlag erhalten, als sie bei den Olympischen Sommerspielen ‘96 in Atlanta in die Radsportkategorie aufgenommen wurde. Bei XC (kurz für Cross Country) stehen Effizienz, Vortrieb und Ausdauer im Vordergrund. Analoge XC-Bikes zeichnen sich durch einen effizienten Vortrieb und ein besonders geringes Gewicht aus. Die Eignung für bequeme Überlandfahrten fehlt ihnen aufgrund der sportlichen Sitzposition, dem meist straffen Fahrwerk und allerlei Leichtbau. Ist man kein XC-Profi, so sind übermäßig anspruchsvolle Trail-Passagen mit den gewichtsoptimierten Komponenten wenig ratsam, da sie dem Fahrer nur ein beschränktes Maß an Sicherheit und Reserven bieten. Daher nehmen XC-Bikes bereits von sich aus eine Nische ein.

Trek sieht den XC-Radsport im E-Bike Segment unterrepräsentiert und schickt sich an, dieser Bike-Kategorie mehr Aufmerksamkeit zu schenken. Mit dem Trek Supercaliber besitzt der US-amerikanische Hersteller bereits ein erstklassiges analoges Rennpferd im eigenen Stall. In den Augen von Trek klafft aber eine große Lücke zwischen leichtgewichtigen XC-Bikes und E-MTBs mit starker Unterstützung, die nun gefüllt werden soll. Neu ist die Idee nicht, bereits 2016 stellte FOCUS-Bikes einen XC-E-Bike-Prototyp mit einem FAZUA-Motor vor, allerdings noch als Hardtail. Der Erfolg des FOCUS Raven², das 2017 in Serie ging, war jedoch mehr als überschaubar. Seinerzeit waren wir vom Konzept des für damalige Verhältnisse tatsächlich leichten E-MTBs ziemlich angetan, wobei die Limits auch schon zutage kamen. Ob Trek mit dem neuen E-Caliber nun diesen Markt öffnen kann?

Wie fürs Podium gemacht? Das neue Trek E-Caliber 9.9 XTR im Detail

Trek E-Caliber 9.9 XTR | FAZUA Evation/250 Wh | 120/60 mm (v/h)
16,3 kg in Größe L | 11.999 € | Hersteller-Website

Das Trek Supercaliber stand bei der Entwicklung des E-Caliber Pate. So wie beim analogen Vorbild ist auch in der elektrischen Variante das Ziel gewesen, den effizienten Vortrieb und das leichte Gewicht eines Hardtails mit den größeren Reserven eines Fullys zu kombinieren. Um das geplante Vorhaben umzusetzen, hat man bei Trek auf die aus dem Supercaliber bekannte IsoStrut-Technologie gesetzt, bei der der Rahmen Teil der Kinematik ist. Statt dem von Trek bekannten Active Braking Pivot-Gelenk (ABP) an der Hinterradachse sorgen die sehr dünnen Sitzstreben für genug Flex im Hinterbau. Somit lässt sich Gewicht sparen. Die 60 mm Federweg werden von dem in Zusammenarbeit mit FOX entwickelten IsoStrut-Dämpfer auf der Unterseite des Oberrohrs reguliert.

Der IsoStrut-Dämpfer macht aus dem E-Bike eine Mischung aus Hardtail und Fully.

Der Rahmen bietet eine scharfe Silhouette und die Proportionen zwischen extra dünnen Sitzstreben und breitem Unterrohr erregen definitiv Aufmerksamkeit. Die Lackierung versprüht Race-Flair, lässt sich für Individualisten im Trek Project One-Konfigurator aber noch ganz nach den eigenen Vorlieben gestalten. Hinter dem Steuerrohr liegen auf beiden Seiten Kabelports, die die Züge aufnehmen. Die Kabelverlegung aus der Cockpitperspektive ist hektisch – trotz nichtvorhandener Teleskopsattelstützen-Remote. Grund sind die Leitungen der Motorsteuerung und der Lockout-Remote.

Für Individualisten bietet Trek die Option, die Lackierung im Project One-Konfigurator nach den eigenen Vorstellungen zusammenzustellen.
Vor dem Steuerrohr laufen mehr Leitungen zusammen als beim örtlichen Telefonanbieter.
Die dünnen Sitzstreben sorgen für genügend Flex, um zusammen mit dem IsoStrut-Dämpfer 60 mm Federweg aus dem Heck zu holen.

Zwei Bikes in einem? Der FAZUA Evation-Antrieb im Trek E-Caliber 9.9 XTR 2021

Bei der Motorwahl haben sich die US-Amerikaner für den FAZUA Evation-Antrieb entschieden, was gegenüber den Big Playern im Motoren-Business viele Vorteile mit sich bringt. In unserem großen Motorenvergleichstest sticht der FAZUA-Antrieb als Leichtgewicht hervor und lässt sich zudem, jetzt kommts, im Handumdrehen aus dem Rahmen ausbauen. Der Akku und der Motor bilden eine 3,36 kg schwere, herausnehmbare Einheit, nur das leichte Getriebe bleibt zwischen der Kurbel zurück. Anstelle der Motor-Akku-Einheit lässt sich ein hohles, knapp 600 g schweres Rahmencover einsetzen, das zudem als großzügiger Stauraum genutzt werden kann. Undercover – so wird das E-Bike ein analoges Bike und ähnelt auch in seiner Charakteristik nochmal mehr einem XC-Bike. Eine weitere Besonderheit des FAZUA-Motors ist der praktisch nicht spürbare Tretwiderstand des Getriebes. Das macht sich bemerkbar – oder eben gerade nicht – sobald man bei ausgeschaltetem Motor oder einem Tempo von über 25 km/h in die Pedale tritt. Der Übergang an der 25 km/h-Schwelle fällt dabei natürlich aus. Nicht ganz so unauffällig erfolgt dagegen das Einrasten des Freilaufs beim erneuten Einsetzen der Unterstützung, denn dann knackt es laut.

Ohne den Akku und den Motor ist das E-Caliber mit Gehäuse-Cover knapp 2,7 kg leichter und lässt sich wie ein analoges Bike fahren. Damit bekommt man zwei Bikes zum Preis von einem – sehr, sehr teuren – Bike.
Mit eingebauter Beatbox: Akku und Motor lassen sich leicht entnehmen, das Getriebe nicht. Es hat zwar keinen spürbaren Tretwiderstand, aber ein gut hörbares Klacken beim Einrasten des Freilaufs.
Ohne Akku und Motor bietet der Rahmen massig Stauraum.

Das Trek verfügt neben dem FAZUA-Antrieb auch über die neue FAZUA Remote bX und den überarbeiteten 250X-Akku mit 252-Wh-Kapazität. Der Akku lässt sich zwar wie bisher nur außerhalb des E-Bikes aufladen, muss aber nicht zum Einschalten entnommen werden. Im Vergleich zur Vorgängerversion kann man das E-Bike jetzt bequem über die Fernbedienung ein- und ausschalten. Die neue bX-Fernbedienung besitzt eine gut ansprechenden Touchfläche, die sich auch mit Handschuhen einfach bedienen lässt. Leider haben wir das haptische Feedback von klassischen Fernbedienungen mit Tasten vermisst und mussten oftmals den Blick auf die Remote absenken, um anhand der farbigen LEDs zu erkennen, in welcher Unterstützungsstufe wir uns gerade befanden.

FAZUA liefert den Antrieb mit den vorkonfigurierten Modi Breeze, River und Rocket aus. Im Breeze-Modus liefert der Motor kontinuierlich 100 Watt Leistung. Für schwere und sehr aktive Fahrer ist dieser Unterstützungsmodus kaum wahrnehmbar. Im progressiven River-Modus folgt die Unterstützung der Eigenleistung und ist bei 210 Watt gedeckelt. Im Rocket-Modus hingegen gibt der Motor alles, was er kann, und steigert bereits sehr früh seine Leistungsabgabe auf das maximale Drehmoment von 55 Nm. Mit seinem im Vergleich niedrigeren Drehmoment und der geringeren Maximalleistung liegt der Antrieb zwar hinter Bosch, Brose und Shimano, ist aber für diese Art von Bike in den meisten Situationen mehr als ausreichend und passt wunderbar zum Charakter eines XC-Bikes. Wem die Motorcharakteristik dennoch nicht zusagt, muss sich nicht zwingend bei der Konkurrenz umsehen. Denn in Sachen Connectivity und Individualisierung können sich manche große Motorenhersteller von den Bayern noch etwas abschauen. Mit der Toolbox Software 2.0 für den Heimcomputer lassen sich die einzelnen Fahrmodi umfassend an die eigenen Bedürfnisse anpassen. Neben der Maximalleistung lässt sich auch das Verhältnis von Fahrer-Input zu Motorleistung und das Ramp-up der Leistungskurven der einzelnen Fahrmodi einstellen. Das Trek E-Caliber verzichtet zwar auf ein Display und zeigt die Restkapazität des Akkus und die Motorunterstützungsstufe nur per farbigen LEDs an der Remote an. Wer jedoch mehr Informationen will, kann das Smartphone, Garmin, Wahoo und Co. per Bluetooth mit der Remote koppeln und bekommt ein umfassendes Interface auf das externe Display projiziert.

Wenn leicht nicht leicht genug ist – Die Ausstattung des Trek E-Caliber 9.9 XTR 2021

Die Ausstattung des Trek E-Caliber 9.9 XTR unterwirft sich dem übergeordneten Konzept des E-Bikes und trägt zum leichten Gesamtgewicht bei. Um das niedrige Gesamtgewicht auf dem Papier ausweisen zu können, muss man bei dem von uns getesteten Topmodell des E-Caliber an manchen Stellen größere Offroad-Performance-Einbußen in Kauf nehmen, zum Teil mit fragwürdiger Wahl zur Ausstattung. Während die drei günstigsten Einstiegsvarianten mit einer Vario-Sattelstütze ausgestattet sind, besitzen die zwei High-End Modelle nur konventionelle Carbon-Sattelstützen. Schade, wie wir finden, denn das gerade Sattelrohr mit einer Einstecktiefe von 270 mm in Größe L würde sich gut für eine Vario-Sattelstütze eignen. Zudem soll laut Trek das E-Caliber im Vergleich zum Supercaliber für anspruchsvollere Abfahrten gemacht sein – dazu aber mehr im Abschnitt Geometrie. Hier fand Gewichtsoptimierung an der falschen Stelle statt. Leichtgewichts-Fetischisten würden sich im Zweifel wohl ohnehin für das analoge Supercaliber entscheiden, denn auch ohne Motor und Akku bringt das E-Caliber noch 13,6 kg auf die Waage. Gleiches gilt für die FOX Factory 34 Step-Cast-Gabel mit 120 mm Federweg. Sie funktioniert für sehr leichte Fahrer oder auf flowigen Trails tadellos, hat aber unter schweren Fahrern und im rauen Gelände Probleme, präzise die Spur zu halten. Als Bremse kommt die Vierkolbenvariante der Shimano-XTR Bremse mit ICE-TECH-Bremsbelägen und -Bremsscheiben zum Einsatz. Vorne besitzt die Bremsscheibe 200 mm Durchmesser, hinten nur 180 mm, auch hier hätten wir uns mit einer größeren Bremsscheibe auf längeren Abfahrten sicherer gefühlt. Bei den weiteren Ausstattungsmerkmalen kommen viele Komponenten von Treks Hausmarke Bontrager zum Einsatz, die durch die Bank weg mit hoher Qualität punkten. Nur der leichte Bontrager Kovee XXX-Carbon-Laufradsatz in Kombination mit den leichten Bontrager XR3 Team Issue-Reifen an unserem Test-Bike hinterließen bei uns gemischte Gefühle. Sie tragen zwar im großen Maße zum leichtfüßigen Antritt des E-Caliber XTR 9.9 bei, erwecken in uns aber nicht die Zuversicht, verblockte Passagen auf Dauer unbeschadet zu überstehen. Vor allem auch dann, wenn man mit sinnvollem Luftdruck in den Reifen unterwegs sein möchte.

Die Topmodelle verzichten für eine maximale Gewichtsersparnis auf eine Vario-Sattelstütze. Was im Spec Sheet für ein beeindruckendes Gewicht sorgt, sorgt auf dem Trail für signifikante Einschränkungen der Bewegungsfreiheit.
Die leichten Bontrager XR3 Team Issue-Reifen auf Kovee XXX Carbon-Felgen sorgen für geringen Rollwiderstand und einen leichtfüßigen Antritt. Grip und Durchschlagschutz sind allerdings sehr gering.
Vorne bietet die FOX 34 Step-Cast-Gabel 120 mm Federweg. Für den anspruchsvollen Trail-Einsatz und schwere Fahrer ist sie leider unterdimensioniert.
Die Vierkolbenvariante der Shimano XTR-Bremse ist eine gute Wahl …
… allerdings ist die 180-mm-Bremsscheibe am Heck bei schweren Fahrern und langen Abfahrten überfordert.

Trek E-Caliber 9.9 XTR

11.999 €

Ausstattung

Motor FAZUA Evation 55 Nm
Akku FAZUA Evation 252X 250 Wh
Display
Federgabel FOX 34 Factory Step-Cast FIT4 mit Remote 120 mm
Dämpfer Trek IsoStrut, FOX Performance shock 60 mm
Sattelstütze Bontrager XXX
Bremsen Shimano XTR M9120 200/180 mm
Schaltung Shimano XTR 1×12
Vorbau Bontrager Kovee Pro 70 mm
Lenker Bontrager Line Pro 750 mm
Laufradsatz Bontrager Kovee XXX 29″
Reifen Bontrager XR3 Team Issue 2,4″

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 16,3 kg

Weitere Ausstattungsvarianten

Typisch für Trek werden die höheren Modellvarianten den Kunden entweder mit Shimano- oder mit SRAM-Komponenten angeboten. Die Einstiegsvariante fängt bei 6.799 € an, für die Luxusausführung mit kabelloser SRAM Eagle AXS-Schaltung verlangt euer Trek-Händler stolze 12.999 €.

Trek E-Caliber 9.6

6.799 €

Ausstattung

Motor FAZUA Evation 55 Nm
Akku FAZUA Evation 252X 250 Wh
Display
Federgabel RockShox 35 Gold RL 120 mm
Dämpfer Trek IsoStrut, FOX Factory shock 60 mm
Sattelstütze TranzX JD 100–130 mm
Bremsen Shimano MT4100
Schaltung Shimano DEORE/XT 1×12
Vorbau Bontrager Rhythm Comp 60–70 mm
Lenker Bontrager Comp 720–750 mm
Laufradsatz Bontrager Kovee Comp 29″
Reifen Bontrager XR3 Team Issue2,4″

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 18,49 kg (Herstellerangabe in Gr. M)

Trek E-Caliber 9.8 GX

8.399 €

Ausstattung

Motor FAZUA Evation 55 Nm
Akku FAZUA Evation 252X 250 Wh
Display
Federgabel RockShox SID Select+ 120 mm
Dämpfer Trek IsoStrut, FOX Factory shock 60 mm
Sattelstütze Bontrager Line Elite Dropper 100–150 mm
Bremsen SRAM G2 RSC
Schaltung SRAM GX-Eagle 1×12
Vorbau Bontrager Kovee Pro 60–70 mm
Lenker Bontrager Line Pro 750 mm
Laufradsatz Bontrager Kovee Pro 29″
Reifen Bontrager XR3 Team Issue 2,4″

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 16,99 kg (Herstellerangabe in Gr. M)

Trek E-Caliber 9.8 XT

8.399 €

Ausstattung

Motor FAZUA Evation 55 Nm
Akku FAZUA Evation 252X 250 Wh
Display
Federgabel RockShox SID Select+ 120 mm
Dämpfer Trek IsoStrut, FOX Factory shock 60 mm
Sattelstütze Bontrager Line Elite Dropper 100–150 mm
Bremsen Shimano XT
Schaltung Shimano XT 1×12
Vorbau Bontrager Kovee Pro 60–70 mm
Lenker Bontrager Line Pro 750 mm
Laufradsatz Bontrager Kovee Pro 29″
Reifen Bontrager XR3 Team Issue 2,4″

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 16,94 kg (Herstellerangabe in Gr. M)

Trek E-Caliber 9.9 XX1 AXS

12.999 €

Ausstattung

Motor FAZUA Evation 55 Nm
Akku FAZUA Evation 252X 250 Wh
Display
Federgabel RockShox SID Ultimate 120 mm
Dämpfer Trek IsoStrut, FOX Factory shock 60 mm
Sattelstütze Bontrager XXX
Bremsen Shimano XTR M9120
Schaltung SRAM XX1 Eagle AXS 1×12
Vorbau Bontrager Kovee Pro 60–70 mm
Lenker Bontrager Line Pro 750 mm
Laufradsatz Bontrager Kovee XXX 29″
Reifen Bontrager XR3 Team Issue 2,4″

Technische Daten

Größe S M L XL
Gewicht 15,77 kg (Herstellerangabe in Gr. M)

Supercaliber PLUS – Die Geometrie des E-Caliber 9.9 XTR im Detail

Das Trek E-Caliber orientiert sich bei seinen Abmessungen an der bewährten Supercaliber-Plattform. Die Ingenieure haben dem E-Caliber jedoch ein paar Modifikationen verpasst, damit sich schnelle XC-Fahrer bei hohen Geschwindigkeiten wohler fühlen. Mit 67,5° fällt der Lenkwinkel des E-Caliber 1,5° flacher aus als beim Supercaliber. Auch der Reach fällt in allen Größen zwischen 0,5 und 1,5 cm länger aus als am Supercaliber und auch der Stack ist zwischen 1,5 und 2,8 cm höher als beim analogen Counterpart. Das E-Caliber erscheint in vier Größen von S bis XL. Einen Mino Link zur Anpassung der Geometrie, wie er in vielen Trek-Bikes zum Einsatz kommt, besitzt das E-Caliber nicht.

Größe S M L XL
Sattelrohr 394 mm 419 mm 470 mm 508 mm
Oberrohr 580 mm 617 mm 648 mm 670 mm
Steuerrohr 90 mm 100 mm 105 mm 110 mm
Lenkwinkel 67,5° 67,5° 67,5° 67,5°
Sitzwinkel 72,3° 72,6° 72,8° 72,8°
Kettenstrebe 447 mm 447 mm 447 mm 447 mm
Tretlagerabsenkung 50 mm 50 mm 50 mm 50 mm
Radstand 1126 mm 1165 mm 1197 mm 1219 mm
Reach 405 mm 440 mm 470 mm 490 mm
Stack 609 mm 618 mm 622 mm 627 mm

Schnell bergauf, exakt 25 km/h in der Ebene und langsam bergab – Der erste Test des Trek E-Caliber 9.9 XTR

Wir sind mit dem Trek E-Caliber über die besten XC-Strecken der Toskana geschossen, auf denen viele Profis und auch einige Weltmeister regelmäßig trainieren, haben Touren unternommen und das Bike natürlich auch auf unseren heimischen Lieblings-Trails rund um Stuttgart getestet, um uns einen Eindruck von dieser neuen Gattung von E-Bike zu verschaffen. Direkt beim ersten Aufsitzen fällt auf, dass die Sitzposition auf dem E-Caliber von der rennorientierten Sitzposition der uns bekannten analogen XC-Bikes abweicht. Der breite Lenker und die etwas höhere Front sorgen für etwas Entspannung bei den Armen und im Rücken, wodurch sich das E-Caliber zumindest theoretisch auch für Touren eignet. In der Praxis limitieren die Ausstattung und das sehr spezifische Konzept jedoch die Tourentauglichkeit – dazu später mehr. Beim ersten Tritt in die Pedale, bei maximaler Motorunterstützung, kommt man sich so vor wie ein XC-Profi nach einer ausgiebigen Nudelparty. Das E-Caliber zieht leichtfüßig nach vorne. Startet man in den niedrigeren Unterstützungsmodi, steuert der Motor unbemerkt aus dem Hintergrund seinen Teil mit dazu bei. Im dynamischen und gut dosierbaren River-Modus lässt sich wunderbar aus Kurven heraus beschleunigen, sodass das E-Caliber seinen Rennflair versprühen kann und Laune aufkommt. Die 25 km/h-Grenze ist auf dem E-Caliber nach wenigen Pedalumdrehungen geknackt und der Motor fadet seine Unterstützung natürlich aus.

Die Sitzposition auf dem E-Caliber ist entspannter, als es der erste Blick vermuten lässt.
Nein, wir haben uns nicht verirrt. Manch schöne Stellen in der Toskana findet man nur, wenn man sich auf den versteckten Wegen gut auskennt.

Ist man mit einer schnelleren Biker-Gruppe unterwegs und hat sich für das E-Caliber entschieden, um mitzuhalten, hat man als Europäer über 25 km/h den Kürzeren gezogen. Denn ab hier muss man den Gewichtsnachteil gegenüber analogen XC-Bikes aus eigener Kraft ausgleichen. In den USA beispielsweise liegt das Tempo, bei dem der Motor von E-Bikes abriegelt, bei 32 km/h, wodurch man deutlich besser in einem Feld von konditionell starken Sportlern mitschwimmen kann.

Das straffe Fahrwerk des E-Calibers ist per se schon sehr antriebsneutral. Selbt ein unrunder Tretrhythmus wird durch die permanente Unterstützung des FAZUA-Motors und den konstanten Zug an der Kette nivelliert so das Fahrwerkswippen weiter reduziert wird. Hier kann das E-Caliber den analogen Konkurrenten aus eigenem Haus, das Supercaliber, sogar überstrahlen. Den Griff zum Lockout-Hebel, der das Fahrwerk zusätzlich versteift, kann man sich sparen. Der effiziente Hinterbau mit IsoStrut-Dämpfer und 60 mm Federweg ist auch im geöffneten Modus nur dazu da, um Belastungsspitzen abzufangen. Er generiert weder sonderlich viel Komfort noch hilft er dem Hinterrad auf unebenem Terrain, deutlich besser Traktion zu generieren. Das wird deutlich, sobald man sich mit dem E-Caliber auf eine Kletterpassage begibt, wo sich das Bike mehr nach Hardtail anfühlt.

Uphill mit dem Trek E-Caliber 9.9 XTR

Flowige Passagen bergauf sind die Paradedisziplin des E-Caliber, dort ist es ungemein schnell. Solange der Untergrund genug Grip bietet, kann der FAZUA-Antrieb seine Kraft voll ausspielen und das leichtfüßige E-Caliber folgt jedem Lenkimpuls durch verwundene Trails. Werden die Anstiege steiler, verlässt das E-Caliber seine Komfort-Zone. Das Vorderrad hebt sich schon früh und die Front muss aktiv belastet werden, damit man nicht an Bodenkontakt und Traktion verliert und die anvisierte Linie halten kann. Da der FAZUA-Antrieb im Vergleich mit Motoren der Bosch-Liga nicht in derselben Leistungsliga spielt, muss der Biker selbst stärker aktiv werden und sich an vielen Stellen aus dem Sattel aufrichten. An Stufen muss man dennoch darauf achten, die eigene Kraft gefühlvoll zu dosieren, damit das Hinterrad nicht durchdreht. Die leichten und nur schwach profilierten Bontrager XR3 Team Issue-Reifen sind einfach nicht für maximalen Grip ausgelegt, sondern für ein besonders effizientes Abrollverhalten bei geringem Rollwiderstand. Sie können sich auch nicht auf zusätzliche Traktion aus dem Hinterbau verlassen, der allgemein zu straff ist, um das Hinterrad am Boden kleben zu lassen.

In flowigen Passagen bergauf ist das Trek E-Caliber 9.9 XTR 2021 ganz in seinem Element.
Helm Giro Synthe MIPS | Brille Uvex Sportstyle 228 | Jacke Specialized Deflect Swat | Shirt 100% R Core | Hose 100% Celium | Schuhe Five Ten Kestrel Lace | Socken Stance

Das Trek E-Caliber in der Abfahrt

Hat man den Gipfel zum Trail-Einstieg erreicht, geht der Griff statt an den Lenker in die Trikottasche zum Multitool. Unser Topmodell besitzt keine verstellbare Sattelstütze, so muss die Carbon-Sattelstütze von Hand in das lange Sattelrohr versenkt werden. Einzig geübte XC-Racer kommen mit hohem Sattel und der damit verbundenen Bewegungseinschränkung zurecht. Auf flowigen und nicht zu technischen oder steilen Abfahrten fährt sich das Trek E-Caliber vergleichbar mit einem wendigen Hardtail und kann bei mittleren Geschwindigkeiten Punkte sammeln. Das straffe Heck bietet maximalen Gegenhalt, um durch aktives Fahren, wie z. B. Pushen in Bodenwellen, Geschwindigkeit zu generieren. Die zusätzliche Masse von Motor und Akku fallen kaum ins Gewicht, sodass sich das E-Caliber auch von Fahranfängern noch leicht manövrieren lässt und man keine Überraschungen beim Handling erwarten muss.

Werden die Trails anspruchsvoller, versetzten die für minimales Gewicht optimierten Komponenten dem Fahrspaß bereits früh einen Dämpfer. Ohne abgesenkten Sattel ist die Bewegungsfreiheit auf dem Trek E-Caliber sehr eingeschränkt. Die leichte FOX 34 Step-Cast-Gabel neigt unter den Händen von schweren Fahrern oder Fahrern mit einer aggressiven Fahrweise zu übermäßigem Flex und sorgt für ein unpräzises Fahrgefühl bei schnellen Richtungswechseln, starken Bremsmanövern oder in technischem Terrain. Bei den leichten Reifen gilt es wieder, einen Kompromiss zwischen genügend Luftdruck für eine ausreichende Pannensicherheit und Traktion auf dem Trail zu finden. Auch die kleine Bremsscheibe am Heck wird auf anhaltend steilen Abfahrten und von schweren Fahrern an ihre Belastungsgrenze getrieben. Im Gegensatz zu konventionellen Fullys gibt das straffe Heck seinen Federweg nur widerwillig frei und fängt erst bei größeren Schlägen, wie z.B. Stufen, Belastungsspitzen ab, damit man den Pedalkontakt nicht verliert.

Im steilen Gelände schränkt die fehlende Dropperpost den Bewegungsspielraum stark ein. Auch die auf Leichtbau optimierten Komponenten verleihen nur wenig Sicherheit.
Für Sprungeinlagen kann man sich auf viel Gegenhalt aus dem Hinterbau verlassen, für eine komfortable Fahrt jedoch nicht. Der IsoStrut-Dämpfer nimmt nur die Belastungsspitzen von größeren Schlägen aus der Fahrt heraus. Feinfühligen Komfort kann man nicht erwarten.

Tuning-Tipp: Dropperpost nachrüsten!

Für wen ist das neue Trek E-Caliber XTR 9.9 geeignet und für wen nicht?

Die Entwicklung eines XC-E-Bikes ist für Trek ein mutiger und mit Sicherheit durchaus kostspieliger Schritt. Diesen Schritt wären die US-Amerikaner nicht gegangen, wenn sie nicht mit einer passenden Käuferschicht rechnen könnten. Darum stellt sich die Frage, für wenn ist das Trek E-Caliber in erster Linie gedacht? Ehrlich gesagt, fällt uns die Beantwortung dieser Frage recht schwer. Klar ist: Es handelt sich um eine sehr spezielle Zielgruppe. Hier sind unsere Erkenntnisse:

Das XC-E-Bike-Konzept ist ein mutiger Schritt der US-Amerikaner von Trek.
  1. Das von uns getestete Trek E-Caliber bietet sich für XC-Profis an, die in leichten Trainings- oder Erholungsphasen ein bestimmtes Pensum erzielen wollen, das auf analogen XC-Bikes so nicht möglich wäre. Zum Beispiel ermöglicht das XC-E-Bike ein Training in einem konstanten Pulsbereich, bei dem sich die Motorunterstützung am eigenen Puls orientiert. Leider fehlt dem E-Caliber bzw. dem FAZUA-Antrieb diese Funktion, die man beispielsweise beim Specialized Levo SL findet. Doch faktisch ist diese Käuferschicht voraussichtlich dünner als das Lycra-Material, das bei sonnigen XC-Rennen getragen wird.
  2. Die zweite angepeilte Käuferschicht könnten aufstrebende XC-Fahrer sein, die noch nicht aus eigener Kraft das Tempo der erfahrenen und konditionell stärkeren Fahrer halten können. Dort könnte Trek das E-Caliber als großen Equalizer platzieren, damit Fahrer unterschiedlichen Leistungsniveaus gemeinsam auf Tour gehen können und der Motor die Leistungsgefälle ausgleicht. Hier kann dem XC-E-Bike jedoch das gleiche Schicksal wie E-Rennrädern ereilen, die stark mit der in Europa geltenden 25 km/h-Unterstützungsgrenze zu kämpfen haben und bei höheren Geschwindigkeiten nur Nachteile gegenüber analogen Bikes haben.
  3. Fahrer auf der Suche nach einem leichten E-Bike mit Marathon-Feeling für längere Touren könnten beim Trek E-Caliber auf ihre Kosten kommen. Damit könnte das Trek auch eine Alternative zum E-Gravel-Bike darstellen. Für entspannte Touren in unbekanntem Terrain besitzt das Caliber durch den leichten und natürlichen Antrieb zwar einige passende Qualitäten, bringt aber mit der weiterhin sportlichen Geometrie und Sitzposition Nachteile für den Langstreckenkomfort mit sich. Darüber hinaus sorgen die gewichtsoptimierten Komponenten bei Fahrern oberhalb der Federgewichtsklasse in schwierigem Terrain für Probleme und der Wettbewerb in der Klasse der Light-E-MTBs mit Minimalunterstützung ist mit dem Specialized Levo SL und dem Orbea Rise bereits auf einem extrem hohen Niveau angelangt. Die Gewichtsdifferenz zur direkten, wenn auch bezüglich der Eckdaten nicht offensichtlichen Konkurrenz beträgt weniger als ein Kilogramm, wobei der Einsatzbereich vielfach breiter ist!
    Wer für eine schnelle Feierabendrunde auf Schotterstraßen und leichten Trails ein E-Bike mit Marathon-Feeling sucht, könnte im E-Caliber den passenden fahrbaren Untersatz für sich gefunden haben, sofern der hohe Kaufpreis keine Einstiegshürde darstellt. Ob das E-Caliber dadurch zum Kassenschlager oder zum Ladenhüter wird, können wir nicht voraussagen.

Looking for something hot, new and sexy? Ja – das Trek E-Caliber ist irgendwie besonders und nicht jedes E-Bike Konzept muss auf einer rational begründeten Kaufentscheidung basieren, sondern kann auch einfach nur sexy oder inspirierend sein. Was meint ihr dazu? Vielleicht habt ihr ja eine Vorstellung, wofür ihr ein XC-E-Bike gebrauchen könnt? Dann lasst es uns wissen, wir freuen uns über euer Feedback zum neuen Trek E-Caliber.

Unser Ersteindruck zum Trek E-Caliber 9.9 XTR 2021

Mit dem E-Caliber 9.9 XTR betritt Trek den zweifelhaften Markt der XC-E-Bikes, deren Potenzial sich bislang noch nicht bewahrheiten konnte. Das von uns getestete Topmodell ist kompromisslos auf Leichtbau getrimmt, was das potenzielle Einsatzgebiet jedoch deutlich beschränkt: Auf leichten, flowigen Trails oder der schnellen Feierabendrunde auf Schotter zaubert es Marathon-Enthusiasten mit seiner Unterstützung am Berg ein Lächeln ins Gesicht. In anspruchsvollem Gelände oder bei schweren Fahrern kommt das Bike jedoch sehr schnell ans Limit. Abgesehen von sehr speziellen Anwendungsbereichen sehen wir den Sinn und Zweck eines XC-E-Bikes als sehr limitiert an. Andere Light-E-MTBs wirken auf den ersten Blick hinsichtlich ihrer Eckdaten zwar vollkommen anders, bieten aber mit einem ungemein breiteren Einsatzbereich deutlich mehr fürs Geld – vor allem für alle, die auf der Suche nach einem leichten Touren-orientierten E-MTB sind.

Tops

  • leichtfüßiges Handling
  • ansprechendes und individualisierbares Motorkonzept
  • Look mit garantiertem Race-Flair

Flops

  • schmales Einsatzgebiet
  • schwache Trail-Performance
  • fehlende Dropperpost
  • hoher Preis

Für weitere Infos besucht trekbikes.com

Text: Rudolf Fischer Fotos: Valentin Rühl

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